Eine Million Röhren
Dr. Andreas Hau, Sound & Recording MM-Musik-Media zu Besuch bei einem der größten Vertriebe für Röhren:
Bereits in den 1980er Jahren galten Röhren als Auslaufmodell. Viele der damals noch zahlreichen Elektronikläden schlossen ihre Röhrenlager und stießen ihre Restbestände ab: Zu viel Aufwand, zu wenig Umsatz. Denn aus dem Massenmarkt waren Röhren lange verschwunden. TV-Geräte waren längst transistorisiert (mit Ausnahme der Bildröhre), röhrenbetriebene Radios und Tonbandgeräte landeten zuhauf im Sperrmüll. Nur ein „gallisches Dorf“ wehrte sich gegen das Silizium-Imperium: die Gitarristen. Denn nichts drückt so brachial wie ein Marshall Stack und nichts perlt so brillant wie ein Fender Combo; dagegen klangen Transistor-Amps einfach schlapp.
In der professionellen Audiotechnik fristeten Röhren dagegen lange ein Nischendasein, bis man im Zuge der digitalen Revolution feststellte, dass man’s mit Transparenz und Linearität auch übertreiben kann. Plötzlich war Charakter wichtiger als Messwerte, und Röhren galten als probates Mittel gegen digitale Langeweile.
Inzwischen ist Röhrentechnik nicht mehr nur Edelmarken wie Manley oder Tube-Tech vorbehalten, sondern auch im unteren Segment anzutreffen, bis hin zum China-Mikro für 200 Euro, inklusive Netzteil und Koffer. Da fragt man sich, wo diese ganzen Röhren herkommen? Sollten das alles Altbestände sein? Müssen wir bald mit einer Röhrenknappheit rechnen? Welche Röhrentypen werden heute noch hergestellt, und ist ihre Qualität so gut wie in den 50ern und 60ern? Mit diesen und weiteren Fragen im Gepäck sitze ich im Zug nach Fürth, zu BTB Elektronik.